THEFBO
Das Projekt…
… „Die kulturhistorische Bedeutung des Textilhandwerks in den prähistorischen Feuchtbodensiedlungen am Bodensee und Oberschwaben – im Kontext von Anforderungen an textile Objekte und ihre Wahrnehmung“ (THEFBO) ist ein Verbundprojekt unter der Federführung des Landesamtes für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart untersucht erstmals systematisch die kulturhistorische Bedeutung des prähistorischen Textilhandwerks in Baden-Württemberg.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Vorhaben über drei Jahre mit insgesamt knapp 1 Millionen Euro.
Unter www.thefbo.de können umfassende Informationen zum Projekt abgerufen werden.

Funde aus Hornstaad_Hörnle 1A, ca. 3900 v. Chr.; Links: Korbfragment aus Spiralwulstechnik; Mitte: Fischernetz aus Faserlein; Rechts: Schnurbündel. Quelle: LAD/RPS, Y. Mühleis
Textilien als archäologische Funde
Bei archäologischen Ausgrabungen prähistorischer Pfahlbausiedlungen an den Ufern des Bodensees und den Seen und Mooren Oberschwabens werden regelmäßig Reste von Textilien geborgen. Diese haben sich im feuchten Milieu hervorragend erhalten. Zum Repertoire der Textilfunde gehören Reste von Seilen, Netzen, Behältern, Schuhen und Kleidung.
Textilien – Herstellung und Nutzung
Im Rahmen des neuen textilarchäologischen Projekts werden die vorgeschichtlichen Textilien umfassend katalogisiert, zeitlich eingeordnet und hinsichtlich ihrer Funktion und Herstellungstechnik untersucht. Ziel ist es, Veränderungen in der Nutzung und Technik von Textilien über lange Zeiträume hinweg zu rekonstruieren und besser zu verstehen. Darüber hinaus untersuchen die Forscherinnen und Forscher erstmals systematisch, welche Techniken bereits zu Zeiten der Sammler und Jäger bekannt waren und sich auch in den darauf folgenden Zeiten der frühen sesshaften Bauern erhalten haben.
Textilien – Mehr als nur gewebte Fasern!
Das Projekt widmet sich außerdem der Untersuchung der Entstehung von Rinden- und Basttextilien ab den ersten Funden zur Zeit der Jäger und Sammler und ihres Wandels bis hinein in die Bronzezeit. Die Gehölzbaste stehen ganz am Anfang der frühen europäischen Textilentwicklung. Ab dem 4. Jahrtausend vor Christus werden diese Gehölzbaste zunehmend von gewebten Textilien abgelöst.
Wichtige Ergebnisse sollen abschließend der Forschung in Datenbanken, Katalogen und Publikationen ebenso wie der Öffentlichkeit bei einer Ausstellung präsentiert werden.
Der Erlanger Anteil:
Der Schwerpunkt des Erlanger Institutes für Ur- und Frühgeschichte im Rahmen von THEFBO liegt im Bereich der Seile und Schnüre, der Fischerei (Netze u.ä.) sowie in der Umsetzung der Forschungsergebnisse im Rahmen der experimentellen Archäologie.
Der Verantwortliche ist Sebastian Böhm.
Die Verbundpartner
– Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg und Federseemuseum Bad Buchau
– Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie (Reiss-Engelhorn Museen): Forschungsstelle Textil
– Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg: Institut für Ur- und Frühgeschichte
– Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (LAD): Textilarchäologie
– Universität Würzburg: Professur für Museologie
Die Projektleitung im Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart
liegt bei Dr. Johanna Banck-Burgess – Textilarchäologie (Verbundkoordination)
Was bisher geschah:
Zwischenstand des Lindenbastexperimentes (1)
Zwischenstand des Lindenbastexperimentes (2)
Zwischenstand des Lindenbastexperimentes (3)
Auswaschen des gerotteten Lindenbasts
Tag der offenen Tür im Botanischen Garten
Vortrag zu Schnüren und Seilen im prähistorischen Alltag
Bäume schälen zum Wohle der Wissenschaft – Start der Experimente für das THEFBO-Projekt
31.05.2019. Am 18.5.2019 fanden sich sechs Studierende der Archäologischen Wissenschaften zusammen mit den Dozenten Sebastian Böhm MA und Prof. Dr. Doris Mischka im Rahmen des THEFBO-Projektes in der Nähe der Ausgrabungsstätte Simmelsdorf-St. Helena ein. Diesmal waren aber nicht die Grabhügel das Ziel, sondern die Gewinnung von Lindenbast. Ein ansässiger Bauer, der auch schon unsere Grabungen dankenswerterweise unterstützte, hatte am Morgen zwei große Äste seiner Linde abgesägt. Aufgrund des Vollmonds stand der Baum gut im Saft und die Rinde mit Borke und Bastschichten war bei sonnigem Wetter elastisch und gut vom Holz zu trennen.
Anschließend wurde die „Beute“ zum botanischen Garten nach Erlangen transportiert. Dankenswerterweise dürfen wir für unsere Experimente zum Lindenbast mehrere kleine Regentonnen dort aufstellen. In den mit Wasser gefüllten Fässern bleiben bleibt die Rinde nun mehre Wochen stehen, um einen Rottungsprozess zu durchlaufen. Dieser führt dazu, dass sich die Bastfasern von der Borke trennen lassen und zur Fasergewinnung weiter verarbeitet werden können.
Nach der Rotte sollen aus den gewonnenen Bastfasern verschieden gedrehte, einfache Schnüre hergestellt werden, um die Materialeigenschaften und die Verarbeitungsmöglichkeiten praktisch zu erfahren und um den Blick der angehenden Wissenschaftler /*innen zu schulen, auch an schlecht erhaltenem Fundmaterial Verarbeitungsdetails erkennen zu können.
Die Fertigprodukte werden – gegebenenfalls – Eingang finden in eine Wanderausstellung, die im Rahmen des THEFBO-Projekts entwickelt wird und ab dem Sommer 2020 an verschiedenen Stellen gezeigt werden soll. (D. Mischka)
Es rottet vor sich hin – Zwischenstand des Lindenbastexperiments (1)
03.06.2019: Seit gut zwei Wochen liegt die Ernte jetzt zum Rotten in den Fässern. Begünstigt durch die sommerlichen Temperaturen kommt langsam Bewegung in die Sache. Das Wasser hat eine leicht rötliche Farbe angenommen, kleinere Blasen steigen auf und der unverwechselbare „Duft“ entwickelt sich. Auf einer Skala von 1-10 liegt die olfaktorische Belästigung bei noch gut erträglichen 2(-3). Erwartungsgemäß lässt sich der Bast nach so kurzer Zeit noch nicht von der Borke lösen. Die Rindenstreifen in den Fässern mussten mit Steinen beschwert werden, weil die obersten Lagen nicht mehr vollständig mit Wasser bedeckt waren. (L. Bauer, A. Dittes, I. Hohenester, L. Winkler, S. Böhm)
Es rottet weiter – Zwischenstand des Lindenbastexperiments (2)
17.06.2019: Weitere zwei Wochen sind seit der letzten Überprüfung ins Land gezogen. Die geerntete Lindenrinde liegt nun seit etwas mehr als 4 Wochen zum Rotten in den Fässern. Spontan haben sich uns noch drei weitere Studierende angeschlossen, um in die Fässer zu schauen.
Dieses Mal lag eine (typische) schwarze Schicht oben auf dem Wasser. Beim Entfernen der Steine und beim Umrühren kam das rötlich gefärbte Wasser wieder zum Vorschein. Der Geruch ist etwas intensiver geworden und liegt jetzt bei 3-4 auf einer Skala von 1 bis 10. Blasen stiegen nicht mehr auf. Bei einigen Rindenstücken ließen sich die Bastbahnen stellenweise schon lösen. Erfahrungsgemäß braucht es aber noch ca. 1-2 Wochen bis sich alle Bastbahnen leicht von der Borke und voneinander lösen lassen. (L.-T. Bührer, A. Dittes, I. Hohenester, L. Winkler, C. Kruckenberg, S. Böhm + 3 weitere Studierende)
Vortrag zu Schnüren und Seilen im prähistorischen Alltag
10.12.2019: Im Rahmen des THEFBO-Projekts wird das Kolloquium „Einfach genial – genial einfach. Schnüre und Seile im prähistorischen Alltag“ veranstaltet. Es haben sich insgesamt acht Vorträge den unterschiedlichen Bereichen dieses textilarchäologischen Themas gewidmet.
Auch wurde eigens ein Kolloquium Schnüre-Seile_Programm erstellt.