Von Grabhügeln, Burgen und einem Denker in 3D – Ein Überblick über die erste Woche der Frühjahrskampagne 2022 in Rumänien

Cetatea Neamţ: Im Schatten der Burg sucht F. Wanka MA mit dem GPR nach dem vermuteten Friedhof.
Cetatea Neamţ: Im Schatten der Burg sucht F. Wanka MA mit dem GPR nach dem vermuteten Friedhof.

Volles Methodenspektrum im Einsatz

Trotz der von Pandemie und Krieg geprägten schwierigen Zeiten setzt unser Institut seine Ausbildungs- und Feldforschungsarbeit fort. Seit letztem Montag ist ein Team aus Studierenden zusammen mit Dr. C. Mischka in Rumänien. In der Umgebung von Târgu Neamţ setzen sie die erfolgreiche Kooperation mit dem Nationalen Museumskomplex Neamţ fort, die zwei Jahre lang pandemiebedingt ruhen musste.

Das Arbeitsprogramm der letzten Woche umfasste das volle an unserem Institut angebotene methodische Spektrum der geophysikalischen Prospektion und digitalen Landschafts- und Fundaufnahme: Geomagnetik, Georadar und Drohnenbefliegung sowie 3D-Modellierung mittels Structure-from-Motion (SfM) und mit unserem neuen Streifenlichtscanner.

Geomagnetik: Abschluss der Aufnahme der Neamţ-Senke

Mit den Gradiometerprospektionen auf den Fundplätzen Agapia und Târgu Neamţ „Pometea“ ist die Untersuchung der Fundstellen der Cucuteni- und Precucuteni-Kultur in der Neamţ-Senke abgeschlossen – erstmals in der über 100 Jahre langen Forschungsgeschichte der Cucuteni-Tripilja-Kultur wurde damit eine gesamte Siedlungskammer vollständig geophysikalisch prospektiert.

Die Begehungen der Fundplätze Târgu Neamţ „Islaz“ und Topoliţa „Izvoire“ erweitern unseren Datenbestand über die ansonsten zumeist im Schatten der Cucuteni-Kultur stehenden, spätbronzezeitlichen Noua-Kultur. In Izvoire konnte eine komplette Siedlung erfasste werden, inklusive einiger Hausbefunde, die ansonsten nur selten belegt sind. Am Fundplatz „Islaz“ stand wiederum stand die Untersuchung zweier Grabhügel im Fokus der Arbeiten.

Georadar: Forschung auf Burgen und Parkplätzen

Auch das Georadarsystem (GPR) kam zum Einsatz: Auf der Festung Cetatea Neamţ, von der ein Team unseres Institutes bereits 2017 per Drohne ein 3D-Modell angefertigt hatte, stand die Suche nach einem potentiellen Gräberfeld außerhalb der Festungsmauern auf dem Programm. Zudem sollte überprüft werden, ob unter der frühneuzeitlichen Bastion noch Reste des ursprünglichen Festungsgrabens feststellbar sind. Wenngleich die Begehungen auch ohne das gewünschte Ergebnis blieben, boten sie doch eine perfekte Gelegenheit, die Studierenden in die Bedienung des Radargerätes und die Datenauswertung einzuführen.

Am Fundplatz Târgu Neamţ „La Pometea“ wurde das GPR-System genutzt, um Cucuteni-Befunde zu untersuchen. Zielsicher wurde hier der Parkplatz einer Kirche genau im Zentrum der kupferzeitlichen Siedlung angelegt, so dass ein Einsatz der Geomagnetik in diesem Areal ausfällt. Eigentlich eher für die Untersuchung von Mauerbefunden geeignet, sollte das Radargerät aber vielleicht auch geeignet sein, die massiven Rotlehmkonzentrationen der verbrannten Cucuteni-Häuser zu detektieren. Tatsächlich zeigten sich Anomalien unter dem Parkplatzpflaster. Eine nähere Analyse der Ergebnisse steht hier noch aus, und so ist noch nicht klar, ob es sich bei den – neben einigen neuzeitlichen Mauerbefunden – festgestellten Anomalien tatsächlich um Hausbefunde handelt.

Neue Ausstellungsstücke für die virtuelle Sammlung

Der Freitag brachte kurzzeitig den Winter zurück, so dass die Aktivitäten des Teams in den Innendienst verlegt wurden. Im Museum für die Kunst der Cucuteni-Kultur, einer mehr als spektakulären Abteilung des Museumskomplexes in Piatra Neamţ ergab sich die Möglichkeit, einige der besonderen Fundobjekte, die ansonsten hinter dickem Glas stehen, in 3D-Modelle zu überführen. Die bewährte SfM-Methode kam dabei ebenso zum Einsatz wie der in unserem Gerätepark noch recht neue Streifenlichtscanner. Auf diese Weise erhalten unserer Studierenden die sicherlich nicht alltägliche Möglichkeit, nicht Routine in den aktuellsten Methoden des 3D-Scans zu bekommen, sondern dabei auch noch mit so einmaligen, Jahrtausende alten Artefakten arbeiten zu können, wie beispielsweise dem berühmten „Denker von Târpeşti“.

Noch eine Woche voller Arbeit

Da unsere Projektregion in Botoşani aufgrund des Krieges in der benachbarten Ukraine und der daraus resultierenden Flüchtlingskrise nicht zugänglich ist, bleibt es dieses Frühjahr bei einer nur zweiwöchigen Kampagne. Nächste Woche steht aber noch einiges auf dem Programm: Die Prospektion einer Cucuteni-Siedlung in den Bergen der Karpaten, ein Einsatz des GPR auf der mittelalterlichen Festung von Gâdinţi und – ein Abflauen des Windes vorausgesetzt – die Drohnenbefliegung zahlreicher Fundplätze in der Neamţ-Senke. Vielleicht gibt es ja auch noch die Möglichkeit, den Parkplatz vor der Kirche in Pometea noch einmal näher zu untersuchen. Beim letzten Versuch war er leider voller Autos – es war Gottestdienst!

(C. Mischka)